44. Kapitel - Kämpft
Der Plan musste geändert werden. Koryphelia drehte sich um und eilte über die Flure, um Zedian aufzusuchen. Immerhin hielt die aufkommende Unruhe die Trauer zurück, die noch immer irgendwo in ihrem Inneren saß und an ihr nagte. Doch der fremde Prinz war nicht in seinen Gemächern und auch in keinem der Arbeitszimmer, die sie für realistisch gehalten hätte. Niemand hatte ihn gesehen – wenn auch die Diener, die sie willkürlich ansprach, vielleicht nicht die verlässlichsten Quellen waren. Nach viel zu langer zielloser Suche traf sie schließlich wieder auf Milina, die ihre eigenen Nachforschungen angestellt hatte. Die Zofe knickste, als sie die falsche Prinzessin fand, und Koryphelia hatte nicht die Worte, um sie davon abzuhalten. Alles in ihr versteifte sich bei dem unverdienten Respekt, aber der Zeitpunkt für ein ruhiges Gespräch über alles, was passiert war, würde kommen. Später.
„Es sieht aus, als habe Hareths Prinz einen Anspruch auf den Thron Eures Vaters verkündet und mögliche Herausforderer in den Tempel gefordert, Hoheit“, berichtete die Zofe ruhig und schien sich nicht von Korys Hektik anstecken zu lassen.
Koryphelia trat auf der Stelle und wünschte sich, ebenso ruhig sein zu können wie ihre Freundin. Zedian wollte also tatsächlich den Platz ihres Vaters einnehmen. Das überraschte sie, aber scheinbar war sie damit allein. Noch vor wenigen Stunden hätte sie schwören können, dass ihn selbst die Macht, die ihn in seiner eigenen Heimat erwartete, belastete. Hatte sie sich wirklich derartig in dem jungen Mann getäuscht? Andererseits hatte er vielleicht tatsächlich friedliche Absichten und hatte die Gelegenheit ergriffen, um eine kriegsfreie Ausgangssituation zu schaffen. Irgendjemand musste den Thron schließlich einnehmen, bis es einen Nachfolger gab, und wenn es mit rechten Dingen zuging, würde dieser Nachfolger nicht der Sohn des Usurpators sein, der in diesem Moment noch in einer Wiege geschaukelt wurde. War sie also wütend? Nein, besorgt. Das traf es besser. „Wo ist er jetzt?“, fragte sie deshalb und beschloss, dass Zedian ihr am besten selbst berichten würde, was er sich dabei gedacht hatte. Sie konnte schließlich noch immer entscheiden, ihm nicht beizupflichten, wenn sie das Gefühl hatte, dass er Unrecht hatte.
„Scheinbar hat er sich bereits auf den Weg zum Tempel gemacht, in der Begleitung einer einzigen Wache.“ Milina war die Sorge ebenfalls anzusehen, aber Kory fand keine Skepsis auf den Zügen der Dienerin. Sie hatte fest damit gerechnet. Milina war stets überlegt und vorsichtig, was vielleicht auch eine Berufskrankheit war, wenn man den ganzen Tag zu nah an einflussreichen Menschen verbrachte. Wenn selbst die Zofe keine Gefahr sah, war das vielleicht ein gutes Zeichen, dass auch Kory sich auf ihr Gefühl verlassen konnte, dass Zedian sicher keine finsteren Motive hatte.
„Glaubst du, dass es eine schlechte Sache ist?“, fragte Kory deshalb geradeheraus.
„Nun, ich denke für die Stadt und den Kontinent nicht“, jetzt spielte sogar ein kleines Lächeln um die Mundwinkel der Zofe. „Der harethsche Prinz hat sich schließlich bisher als sehr friedfertig und pragmatisch erwiesen. In derart schweren Zeiten könnte es genau das sein, was Cecilia braucht. Nur denke ich, dass Eure Stiefmutter dahingehend Bedenken haben könnte, und sicher dagegenhalten wird.“ Das fasste die Lage gut zusammen.
Die Prinzessin nickte und seufzte. „Dann widmen wir uns doch vorerst unserem kleinen Problem“, schlug sie mit einem Gedanken an Kendra vor, die in den Gemächern der Prinzessin auf ihr gestohlenes Heiligtum wartete.
„Ich fürchte auch, dass ihr den Kämpfen kein Ende setzen könnt, Prinzessin, außer Ihr möchtet selbst als Herausforderin antreten.“
„Götter, wo denkst du hin!“, stieß die Prinzessin hervor. Sie hatte in ihrem Leben genau eine echte Kampfstunde erhalten, und zwar von der Faust auf einer verwunschenen Insel, und ihre körperliche Form hatte sich seither nicht unbedingt zum Positiven verändert. Es hätte sie gewundert, wenn sie noch irgendetwas von dem gekonnt hätte, was die Rothaarige ihr notdürftig beigebracht hatte. Jedenfalls hätte es ganz bestimmt nicht gegen einen erfahrenen Kämpfer wie Zedian gereicht, der sein Schwert mit solchem Selbstverständnis trug, und sie hatte auch kein Interesse daran, einen Vertreter zu wählen. Außerdem war sie sicher ungeeignet für diesen Thron, während sie Zedian schon für eine sinnvollere Wahl hielt. Sie konnte nur hoffen, dass niemand anders als scherzhaft von ihr erwarten würde, dass sie versuchte, den Thron für sich zu beanspruchen.
Milina lachte, doch das leise Lachen wurde von einem plötzlichen Rumpeln übertönt und auf einmal bebte die Erde. Koryphelia schwankte, hatte Probleme, sich auf den Beinen zu halten, und klammerte sich an das nächste Pilaster neben einer Tür, während Milina zum Fenster schräg gegenüber taumelte. Die Arabesken zitterten fast wie echte Blätter im Wind. Kory hielt den Atem an, während Übelkeit in ihr emporkroch. Entsetzt starrte sie auf die wackelnden Wände, spürte den leichten Staub auf ihr Haar rieseln, der sich von den Verzierungen löste und auf sie hinabfiel. Sie wusste, was geschah. Ob es daran lag, dass es offensichtlich sein musste, oder ob vielleiht doch noch die Reste von Ebos‘ Präsenz in ihr hafteten, Koryphelia hatte keinen Zweifel daran, dass die Unterwelt sich über die sterbliche Welt ergoss, wie flüssiges Pech, das man von den Zinnen auf unliebsame Besucher hinabgoss … nur dass es nun auf die Angegriffenen und nicht auf die Angreifer traf.
Die Prinzessin war sich nicht sicher, ob sie je ein Erdbeben erlebt hatte. Vielleicht, als sie noch ganz klein gewesen war, mochte der Erdboden einmal kurz gezittert haben. Die Erinnerung war ein fernes Klopfen. Sie war sich jedoch sicher, dass es damals nicht länger als ein paar Augenblicke gedauert hatte. Nun aber erbebte die Erde und wollte nicht wieder aufhören. Aus feinem Staub wurden kleine Steine und aus kleinen Steinen echte Brocken. Koryphelia zog sich weiter unter den Türrahmen, als der Kopf einer spärlich bekleideten Männerstatue von der Wand fiel und auf dem Fliesenboden zerschellte, wobei ein weiterer Riss im Stein entstand. Das ganze Schloss wurde bis in seine tiefsten Fundamente erschüttert und bald schwand Korys anfängliches Vertrauen in die Stabilität ihres Elternhauses.
Auch die Zofe war kreidebleich und fassungslos. Kory konnte von ihrer wenig geschützten Position aus beobachten, wie sich die andere auf das breite Fensterbrett zog, um sich vor fallenden Trümmerteilen aus größerer Höhe in Sicherheit zu bringen. Ihr Blick fiel aus dem Fenster und Milina starrte ängstlich hinaus. Die Prinzessin konnte beim besten Willen nicht erkennen, was sich dort abspielen mochte, aber sie konnte über den tosenden Lärm der dröhnenden Erde, das Poltern der fallenden Trümmer und das Knirschen der Wände auch niemals hinwegschreien.
Die Finger der Prinzessin waren von hellem Steinstaub bedeckt und die Knöchel darunter waren weiß, so sehr klammerte sie sich an der Halbsäule fest, die geradezu vibrierte. Doch schließlich hielt sie es nicht mehr aus, konnte nicht warten, bis ihr endgültig buchstäblich die Decke auf den Kopf fiel und wankte über den bebenden Flur. Sie erreichte das Fenster mit Mühe und Not, strauchelte über den Schutt auf dem Boden und rechnete jeden Augenblick damit, von einem neuen Trümmerteil erschlagen zu werden. Wie durch ein Wunder erreichte sie jedoch das Fenster und konnte sich neben ihrer Freundin auf das Sims drängen und mit ihr gemeinsam hinausstarren. Ob es hier so viel sicherer war, war eine andere Frage.
Hafen und Bienenstock waren von den höchsten Schlossfenstern aus nur schwerlich zu erkennen und hier, aus einem der unteren Stockwerke, war es nicht einmal theoretisch möglich, die unteren Viertel zu erblicken. Doch nun erhob sich ein gewaltiger Berg mehr und mehr dort, wo die Fluten des Meeres längst begonnen hatten. Bedrohlich und dunkel ragte er scheinbar in die tiefhängenden Wolken hinein und wuchs immer weiter. Gerade als Koryphelia sich fragte, ob der Berg einfach immer weiterwachsen würde, bis die Spitze gegen das Ende des Himmels stieß oder sämtliche Häuser zusammengebrochen waren, flaute das Beben ab. Noch immer vibrierte der Boden wie das flatternde Herz eines hektischen Vogels, doch langsam legte sich das furchtbare Erdbeben und es bestand zumindest wieder die Möglichkeit, etwas zu hören.
„Was bei allen Göttern ist das?“, hauchte Milina und starrte aus dem Fenster und auch Kory konnte sehen, wie ein Lichtkegel in die Wolken fiel.
„Ich weiß es nicht“, hauchte die Prinzessin zurück und wusste doch, dass sie es zu früh herausfinden würde. Ihre Hände klammerten sich an das Fensterbrett und sie starrte auf die Stadt hinaus, wo die Lichtsäule mit jedem Augenblick zu wachsen schien. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, woher sie rührte, auch wenn Ebos eigentlich die letzte Kraft war, von der sie gleißend helles Licht erwartet hätte. Dann verengte die Prinzessin die Augen etwas weiter und fragte sich, ob da tatsächlich etwas über dem Bienenstock in der Luft flog. Konnte das Einbildung sein? Doch dann sah sie rotes Leuchten und Rauchwolken aufsteigen und sie war sich sicher. Koryphelia hatte nie einen leibhaftigen Drachen gesehen, ebenso wenig wie die meisten glücklichen Menschen – außer man zählte dieses kleine Echsentier, das das blinde Mädchen herumgetragen hatte. Leider änderte sich das nun.
Ihr erster Impuls war erneut, nach Zedian zu suchen. Ohne jeden Zweifel hatte sie ihn spätestens nach all seiner Hilfe als die nächste Autoritätsperson in ihrem Leben anerkannt, nach der sie sich richten konnte. Doch Koryphelia hatte oft genug Kefas Zerstörung zugesehen, in einem grauenvollen Albtraum nach dem nächsten. Sie hatten ihr den Tod ihres Vaters prophezeit und den Untergang so vieler anderer. Sie war nicht gewillt, einfach dabei zuzusehen, wie sich diese Träume bewahrheiteten, weil sie auf jemand anderen vertraute. Nach leidvoller Erfahrung war sie sicher, dass der Palast und der Tempel entscheidende Schauplätze sein würden. Es musste also etwas getan werden.
„Milina, kannst du jemanden finden, der Ahnung von Schusswaffen hat? Und weißt du, ob wir solche … solche Riesenarmbrüste haben?“ Kory stieß sich vom Fenster ab und suchte sich ihren Weg über den staubbedeckten Flur und an den kleineren Trümmerteilen vorbei.
Die Zofe sah ihr etwas verdutzt nach und sprang etwas unkoordiniert von der Fensterbank, um der falschen Prinzessin zu folgen. „Meint Ihr Ballisten, Hoheit?“, fragte sie. „Wollt ihr nicht nach Zed… dem Harethiprinzen schicken?“
„Wenn Zedian tatsächlich im Tempel ist, können wir hoffen, dass er vielleicht dort etwas ausrichten kann, und er wird schon auftauchen, wenn er noch die Möglichkeit dazu hat. In der Zwischenzeit müssen wir wohl ohne Männerhilfe auskommen, oder glaubst du, dass sich jemand freiwillig meldet, um jetzt in die Stadt hinaus zu gehen?“ Wenn es wirklich darauf ankam, würden die Soldaten doch wohl auch einer Prinzessin Folge leisten, oder etwa nicht? Koryphelia war stets voller Zweifel, besonders in den letzten Tagen, aber nun hatte sie ein deutliches Ziel, das es zu erfüllen gab, und sie würde sich nicht von ihrer eigenen Angst ihr Zuhause nehmen lassen, wenn sie doch etwas hätte tun können.
Eigentlich hatte sie keine Prinzessin mehr sein wollen. Eigentlich hatte sie sich damit abgefunden, den erschlichenen Titel aufzugeben und mit etwas Glück einfach Zedians Braut zu sein. So war sie selbst von sich überrascht, wie leicht es ihr nun fiel, die Führung zu übernehmen. Es war ihr egal, wie das aussah und was ihre Stiefmutter davon dachte. Es wäre eine Option gewesen, durch den Königspass das Schloss zu verlassen, denn wie Machairi damals im Sultanspalast so trefflich festgestellt hatte, gab es immer einen Hinterausgang. Doch Koryphelia würde nicht durch das Bergesinnere bis auf die andere Seite des Korn flüchten. Noch nicht jedenfalls. Milina fand den obersten Offizier für sie und Kory selbst machte sich auf den Weg zu dem einzig sinnvollen Arbeitszimmer, das für sie stets nur das Strategiezimmer gewesen war.
Sie war nur ein einziges Mal hier gewesen, zwischen aufgerollten Plänen, Modellwelten von Kefa, Schlachtfeldern und Om’falo. Damals hatte ihr Vater ihr den Kriegsplan gegen Hareth erklärt, welche Rolle sie darin spielen musste und dass sie möglichst schnell ein Kind bekommen sollte. All das schien eine Ewigkeit her zu sein und als sie nun zurückkehrte und Sato und zwei weitere Mitglieder des hohen Rates um den Tisch versammelt sah, fühlte sie sich nicht mehr so hilflos und ausgeliefert wie damals. Dabei hatte sich ihre Situation seither kaum verbessert. Doch sie hatte sich verändert, das wurde ihr in diesem Moment klarer als je zuvor. Sie hatte auf ihrer Reise mit den Bienen, auf ihrem Weg durch die Unterwelt und nach ihrer Heimkehr mehr und mehr das Gefühl gehabt, zu zerbrechen und nie wieder zu funktionieren. Die Trauer zerrte noch immer an ihr, gepaart mit der furchtbaren Angst, die ein stetiger Begleiter geworden war. Doch darunter war unbemerkt etwas anderes erwachsen, was sie früher nie gehabt hatte. Resilienz mochte etwas hoch gegriffen sein, wenn sie darüber nachdachte, wie verzweifelt sie noch vor wenigen Stunden gewesen war, als sie die Leiche ihres Vaters betrachtet hatte. Dennoch fühlte Koryphelia sich ungewöhnlich entschlossen und betrat den Raum hoch erhobenen Hauptes. „Haben wir Ballisten?“, fragte sie ohne Umschweife und trat an den Tisch heran.
Keine Verneigungen, keine Höflichkeiten hatten die Männer am Tisch für sie übrig. Einer der Ratsherren erübrigte ein Nicken, das man vielleicht als die Andeutung einer Verbeugung verstehen konnte, und Sato verzog das Gesicht zu einem gezwungenen Lächeln. Vielleicht sollte sie sich darüber freuen, dass man ihr nicht augenblicklich die Tür wies. „Wir haben eine einzelne Balliste und einige größere Armbrustmodelle für zwei Schützen, die sich noch in der Testphase befinden“, informierte der oberste Leibwächter und hatte wohl noch nicht vergessen, dass er die Prinzessin zuletzt im Blut ihres Vaters gesehen hatte, so skeptisch und feindselig, wie er sie betrachtete. Den Schmerz über das Misstrauen eines Mannes, der ihr so oft wie ein Vater gewesen war, schob Koryphelia beiseite. Seine Skepsis war schließlich berechtigt. Der falsche Zeitpunkt war es dennoch.
„Gut. Wie schnell können wir die auf der Mauer platzieren?“, fragte sie weiter und fing sich weitere Skepsis ein.
„Möchtet Ihr auf ein Erdbeben schießen, Prinzessin?“, fragte der ältere Ratsherr spitz. Serrfreud, wenn sie sich nicht irrte. Sein einst rötlicher Bart war inzwischen ergraut und das schüttere Haar verbarg die glänzende Kopfhaut nicht länger.
Trotzig schob sie das Kinn vor und streckte die Scheitelkrone nach oben, in der Hoffnung, ihre mangelnde Größe durch eine aufrechte Haltung auszugleichen. „Das wäre wahrlich unklug, Herr Waffenmeister. Ihr könnt es gern trotzdem probieren. Ich würde es allerdings bevorzugen, auf den Drachen zu zielen, der über der Stadt fliegt“, bemerkte sie ebenso spitz.
„Drache?!“ Die Stimme des Dunkelhaarigen überschlug sich und er räusperte sich nervös. Falls sie seinen Namen gekannt hatte, war er ihr entfallen. Er war deutlich jünger als die anderen beiden Männer am Tisch und auch wenn er einige Abzeichen höherer Militärsränge an seiner Jacke trug, die nun von Steinstaub bedeckt wurde, musste er noch vergleichsweise unerfahren sein. Der Sohn eines Großherzogs vielleicht, der sich und seine Familie in der Hauptstadt in die Gunst des Königs stellen sollte. Die speckigen Wangen glühten rot auf dem sonst erbleichten Gesicht und der Gedanke an eine feuerspeiende Bestie über der Stadt erfüllte ihn offensichtlich mit angemessener Furcht.
„Seid Ihr Euch sicher, Hoheit?“, fragte Sato, nun etwas weniger feindselig, doch unverändert skeptisch.
„Es fliegt und spuckt Feuer. Wenn es kein Drache ist, ist es nah genug dran“, zischte sie über den Tisch und nahm ihm seinen Argwohn plötzlich doch übel. War jetzt nicht vollkommen unerheblich, wer den König getötet hatte? Oder dass sie nur ein dummes Prinzeschen war, das man nie in diese Dinge einbezogen hatte? Konnten sie nicht zu diesen Problemen zurückkehren, sobald sie diese Krise überlebt hatten? Falls sie sie überlebten …
Sato sah zum Fenster. Ob er erwartete, dort im nächsten Moment eine geschuppte Schnauze zu sehen? Nach kurzem Zögern durchschritt der Leibwächter den Raum und warf einen Blick hinaus. Die anderen beiden Männer schienen lieber gebannt die Reaktion des erfahrenen Kämpfers zu beobachten, anstatt selbst einen Blick zu riskieren. „Nun, bisher steigt nur Rauch über dem Bienenstock auf“, berichtete er. „Das gibt uns Zeit.“
„Wir sollten evakuieren“, schloss der aufgedunsene jüngere Kerl. Es war nicht überraschend, dass er weglaufen wollte. Er sah nicht aus, als hätte er in seinem Leben je einen Finger mehr als notwendig gerührt.
„Was?!“, entfuhr es Koryphelia und sie schüttelte den Kopf. „Wir können doch nicht augenblicklich die Hauptstadt aufgeben … ganz zu schweigen von den tausenden Menschen, die wir niemals alle aus der Stadt bringen können!“ Sie war kein Mensch des Kampfes, keine Person, die einer Schlacht mit Begeisterung entgegensah. Doch wenn sie heute nicht wenigstens versuchten, sich zu verteidigen, würde es kein Später mehr geben.
Serrfreud strich über seinen ordentlichen Bart und verbarg beinahe, dass seine Finger bebten. „Reichsprut hat nicht unrecht. Wir alle kennen die Legenden des großen Brandes. Vierhundert Armbrustschützen, vielleicht tausende haben damals nichts ausrichten können. Vielleicht ist es besser zu retten, was gerettet werden kann.“
Den Blick noch immer aus dem Fenster gerichtet, schüttelte Sato den Kopf. „Wohin wolltest du laufen? Wir haben bereits den König verloren, Kefa ist die letzte Zuflucht für all diese Geflüchteten. Wenn Bulling noch ein paar Schiffe abseits des Hafens versteckt, könnten wir vielleicht ein paar von uns nach Hareth retten, um dort darauf zu warten, dass diese … Kreaturen den Weg über die schwarze See finden. Wozu?“
„Ich für meinen Teil sterbe lieber in ein paar Monaten als heute“, meldete sich der Hafenmeister wieder zu Wort und Koryphelia erinnerte sich. Bulling Reichsprut war einer der Adeligen gewesen, die sie nach Hareth begleitet hatten. Er verwaltete den Hafen und die königlichen Schiffe und wenn die Gerüchte stimmten, war es sicher nur den Flüchtlingen im Bienenstock zu verdanken, dass er sich in diesem Moment nicht in einem Freudenhaus den Bauch vollschlug und anderen Vergnüglichkeiten hingab.
Koryphelia schnaubte. „Ich kann nicht glauben, dass ihr unsere Zeit damit verschwendet, tatsächlich darüber zu diskutieren!“ Sie schüttelte den Kopf und deutete auf das Miniaturkefa auf dem Tisch vor ihnen. „Kefa ist alles, was wir haben. Bringt jedes Geschütz, das sich auftreiben lässt, auf die Schlossmauer und schießt auf diesen Drachen. Wenn es schon nicht reicht, um ihn aufzuhalten, reicht es vielleicht wenigstens, um ihn zu beschäftigen.“
Ein sehr unangebrachtes Augenrollen ließ Bulling noch dümmlicher aussehen. „Bei allem Respekt, Prinzessin, warum seid Ihr hier, anstatt mit den andern Frauen Gebete zu flüstern?“
Koryphelia musste sich zusammenreißen, um nicht eines der Miniaturhäuser nach ihm zu werfen … oder vielleicht gleich den Palast. „Wie war das nicht respektlos?“, fragte sie mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte. „Die bessere Frage ist, warum aus dem engen Rat von acht Männern nur zwei anwesend sind … von denen einer nur ein Vertreter ist?“
„Prinzessin, auch wenn ich zustimme, dass der Hafenmeister seine Worte mit mehr Bedacht wählen sollte, denke ich, dass Ihr gehen solltet. Wir werden uns um alles Notwendige kümmern“, fiel ausgerechnet Sato ihr in den Rücken. „Ihr habt nicht die Befehlsgewalt Eures Vaters.“
Es war nicht immer schön gewesen, Thredians Tochter zu sein. Sie hatte sich in vielen Augenblicken vor den autoritären Männern um sie herum versteckt. Doch sie hatte auch gelernt und spätestens, seit sie Ebos selbst in ihren Gedanken und ihrem Körper gehabt hatte, hatte sich diese Furcht gemindert. „Wer sonst sollte sie haben?“ Koryphelia sah Sato fest an. Wenn er ihr Band zerstört sah, gab es keinen Grund für sie, daran festzuhalten. „Wer in diesem Schloss hat mehr Befehlsrecht als ich? Meine Stiefmutter? Oder mein Säugling-Halbbruder?“ Herausfordernd sah sie in die Runde. „Oder du vielleicht, Leibwächter?“
Sie konnte in seinem Blick sehen, wie er nach dem kleinen Mädchen suchte, dass er auf seinen Schultern über die Flure getragen hatte, und für einen Augenblick taten ihr ihre Worte fast leid. Doch dieses Mal knickte Koryphelia nicht ein. Sie hielt das Kinn hoch und begegnete drei verlegenen und perplexen Blicken mit jedem letzten Fünkchen Selbstsicherheit, das sie in sich fand. Gerade als sie glaubte, dass die Männer sie auslachen würden, gab Sato nach. Das Gefühl, als er sich verneigte, war gleichzeitig grausam und zufriedenstellend. „Ihr habt recht, Prinzessin, vergebt mir.“
Im nächsten Augenblick klopfte es kurz an der Tür und der oberste Offizier trat ein. Zu ihrer Erleichterung brauchte der Mann keine Überzeugungsarbeit, um sich respektvoll zu gebärden, und sie nahm die Gelegenheit wahr. „Ah, endlich. Richtet jedes erdenkliche Geschütz auf den Drachen und schießt, sobald er sich in Reichweite befindet. Alles, was kämpfen kann, soll sich dafür bereit machen, und findet einen Weg, Nachricht in die Akademie zu schicken. Versprecht ihnen alles, egal, was ihre Hilfe kostet. Wir werden sie brauchen.“
Nach langem Schweigen schaltete sich nun Serrfreud wieder ein. „Prinzessin, bedenkt, dass die Magier vielleicht Freiheit fordern werden.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Dann ist das so.“ Nun starrten schon vier Männer sie fassungslos an und die Skepsis war zurück. „Wollt ihr lieber freie Magier oder Kefa vernichtet sehen?“ Schweigen. Wirklich? Hatte sie auch mal so gedacht? Warum war das offenbar keine eindeutige Frage?
Der oberste Offizier war der erste, der sich regte. „Wie Ihr wünscht. Das geringere Übel.“ Dann machte er auf dem Absatz kehr und verließ den Raum im Eilschritt. Dabei warf er beinahe Milina um, die augenscheinlich vor der Tür gewartet hatte.
Koryphelia nickte und drehte sich wieder der Stadtminiatur zu. Wenn sie ehrlich war, war sie nicht sehr optimistisch, dass die Magier ihnen zur Hilfe kommen würden. Hoffnung schöpfte sie nur daraus, dass auch die Bewohner der Akademie untergingen, wenn Kefa eine Feuerwüste wurde. Allerdings hatten die Menschen scheinbar eine ungesunde Neigung zu mehr Stolz als Pragmatismus und es war nicht auszuschließen, dass die Magier Kefa brennen sehen wollten, selbst wenn das auch ihre eigene Zeit terminierte. Was sollten sie also tun, wenn keine Unterstützung aus der Akademie kam? Was tat man bei einem Drachenangriff? Gab es eine sinnvolle Strategie für eine solche Situation? Sicher hätten Zedian oder Machairi eine Antwort auf diese Fragen gehabt, oder wenigstens einen erfahreneren Blick für die Situation. Sollte sie das überleben, tatsächlich Zedians Braut werden und eines Tages eine Tochter haben, würde sie dafür sorgen, dass man ihr militärisches Denken und das Finden der richtigen Strategie beibrachte. Weiterhelfen würde ihr das nun allerdings nicht. „Gibt es zufällig irgendwelche Verteidigungsmechanismen, von denen ich nicht weiß?“, erkundigte sie sich bei den Skeptikern im Raum, während Milina die Tür leise wieder zuschob.
„Woran denkt Ihr, Prinzessin?“, erkundigte sich der ergraute Militär und gab sich große Mühe, seinen Argwohn zu verbergen. Er scheiterte.
„Ist Kefa nicht schon einmal einem verheerenden Drachenangriff zum Opfer gefallen?“ Ein neues Beben schüttelte den Palast und Kory hielt sich erschrocken an der Tischplatte fest, auf der die kleinen Häuser wackelten. Nicht der Zeitpunkt für rhetorische Fragen. „Hat man wirklich keine einigermaßen geheimen Vorkehrungen getroffen, um ein solches Ereignis zu vermeiden?“
Sato schüttelte den Kopf. „Dieser Angriff war vor vielen hundert Jahren, Hoheit, und es gab lange keinen Grund zur Annahme, dass es überhaupt noch Drachen in unserer Welt geben könnte. Wir haben keine riesenhaften Drachenfangnetze oder Schutzschilde für die Stadt, falls Ihr etwas Derartiges meint.“
Das wäre auch zu schön gewesen. „Was haben wir denn? Haben wir irgendeine halbwegs taugliche Waffe, eine Strategie, einen Plan … irgendetwas?“
„Ihr habt bereits sämtliche Geschütze befohlen. Sofern Ihr nicht mit Fußsoldaten und Nahkampfwaffen in den Kampf ziehen wollt, wird das wohl nichts.“ Bulling fuhr sich durch die braunen Haare, sodass die stark gefetteten Strähnen nicht länger ordentlich nebeneinanderlagen, sondern zu den Seiten abstanden.
Sie knirschte mit den Zähnen. Es konnte doch nicht sein, dass sie nichts anderes tun konnten, als ein paar Bolzen auf eine fliegende Echse zu schießen. Eine fliegende Bestie musste von etwas bekämpft werden, das flog, oder man musste sie zwingen zu landen. „Ich nehme an, dass wir dann auch nicht irgendwo in der Nähe ein geheimes Gefängnis mit vernunftbegabten Monstern haben, sodass man vielleicht ein Ungeheuer mit dem anderen bekämpfen könnte?“ Kopfschütteln und gehobene Augenbrauen. Wie zwang man einen Drachen zu landen?
Im nächsten Moment öffnete sich die Tür ein zweites Mal schwungvoll und der Duft von zarten Marlibiskusblüten wehte in den Raum. Lydisias Makellosigkeit war schrecklich verschwendet an dem kleinen Raum und unpassend für diesen Augenblick. Ein bitterböser Blick brachte Koryphelias Blut zum Gefrieren, doch dann wendete die schöne Witwe sich an den königlichen Leibwächter und erleichterte damit jeden im Raum, der nicht angesprochen war. „Warum warst du nicht beim ersten Anzeichen von einer neuen Katastrophe an der Seite deines zukünftigen Königs?“, fragte die junge Königin spitz. „Wir wollen doch nicht direkt den nächsten König verlieren, nicht wahr?“ Ihre Entschlossenheit war beneidenswert und sehr viel eindrucksvoller, als selbst die entschlossenste Koryphelia je hätte sein können. „Wir bringen uns in Sicherheit. Sofort. Soeben kam schon eine wildgewordene Zofe in meine Gemächer und wollte mich bestehlen. Scheint, als wäre die Zeit der Regeln vorbei. Ich werde nicht hier sitzen und darauf warten, dass dieses fremde Unglück unsere Hallen erreicht.“ Damit warf sie das Haar zurück, drehte auf dem Absatz um und war bereit, Königreich und Hauptstadt buchstäblich den Rücken zu kehren.
Warum waren alle hier so überzeugt, dass sie fliehen konnten? Sahen sie nicht, dass es keine Fluchtmöglichkeit gab? Selbst wenn ihnen die Flucht durch die Tunnel heute gelingen sollte, gab es keinen Ort, zu dem sie rennen konnten. „Wir können nicht einfach weglaufen!“ Nochmals war sie gezwungen, ihre tatsächlichen Befugnisse und damit auch ihre Gewohnheiten zu verlassen. Sie hatte es stets vermieden, der jungen Braut ihres Vaters in die Quere zu kommen, weil sie niemals in der Haut ihrer bedauernswerten Widersacher hatte stecken wollen. Denn Lydisia mochte fein und makellos sein, aber ziemlich sicher erzitterten nicht nur die Diener vor ihrem Unmut. Diese Frau wusste, wie sie bekam, was sie wollte. Mit allen Mitteln. Nun war Koryphelia trotzdem entschlossen, sich gegen sie zu stellen. „Wenn wir Kefa nicht beschützen, werden wir alle untergehen“, prophezeite sie und fühlte sich wie ein verrücktes Weib, das haltlose Weltuntergänge durch die Straßen schrie, obwohl die Bedrohung sehr real über der Stadt segelte und Flammen spuckte.
„Kennen wir uns nun mit Untergängen aus, Koryphelia?“ Plötzlich hatte keiner der herablassenden Männer im Raum mehr etwas zu sagen, während die Königin die Katzenkrallen ausfuhr. „Soll ich das für ein Geständnis halten?“
Das war eine ungerechte Verdrehung und trotzdem musste Koryphelia nach Luft schnappen und sah etwas hilflos durch den Raum. Sie war nicht gut in diesen Dingen. Was hätte Zedian darauf gesagt? Vermutlich wäre der gar nicht erst in diese Lage gekommen. Die Zeit, sich eine Antwort zu überlegen, verrann zu schnell und die der Stadt sowieso. Alles, was der Prinzessin blieb, war die Flucht nach vorn. „Was für ein Geständnis? Dass es keine strategischen Meisterleistungen braucht, um zu erkennen, dass ohne Kefa alles verloren ist? Gern. Dass ich nicht nach einem Erdbeben durch irgendwelche Tunnel rennen will, während alle Bewohner der Stadt elendig verbrennen? Absolut. Dass mich das grausame Ende dieser Stadt seit unserem Aufbruch nach Hareth mehr als einmal heimgesucht hat und ich das nicht erfüllt sehen möchte? Bitte. Interpretiert alle darein, was ihr wollt, aber hört endlich auf, unsere Zeit zu verschwenden, und helft mir, einen ordentlichen Plan zu entwerfen!“
Als wollte jemand ihren Punkt unterstreichen, wehte Lärm zu ihnen hinauf und brachte den beißenden Gestank von Rauch mit. Zetern, Schreie und ein Brüllen, das nur zu dem Drachen gehören konnte, brachen in den Raum und erinnerten die kleine Versammlung daran, dass die Prinzessin recht hatte und ihnen keine Zeit zum Streiten blieb. Koryphelia fing noch den Blick ihrer Stiefmutter auf. Überrascht erkannte sie weder Wut noch die erwartbare Skepsis, sondern … Anerkennung? Doch sie hielt den Blick nur für einen Augenblick, bevor sie zum Fenster stürzte.
Kefa brannte. Der Drache flog beängstigend nah über der Stadt und spie Flamme um Flamme in die lodernden Straßen hinab. Viel zu wenige Schützen hatten ihren Weg bereits auf die Mauer gefunden und schienen bereit, tatsächlich auf den Todesbringer zu schießen, und kein Lebenzeichen kam vom goldenen Dach der Akademie, das zwischen den Rauchschwaden blitzte, unversehrt, unbekümmert. Doch im Schlosshof sammelten sich mehr und mehr Soldaten, denen die Furcht selbst bis hier oben sichtbar auf die Gesichter gebrannt stand.
Sato räusperte sich. „Prinzessin, vielleicht wäre es gut, wenn Ihr eine solche Rede noch einmal halten würdet“, sagte er mit einem Schmunzeln. „Wenn wir schon keine großartigen Waffen hinzuziehen können, könnte ein wenig Entschlossenheit nicht schaden.“ Die Skepsis war verschwunden, denn dieser Mann hatte verstanden, dass es jetzt vollkommen unerheblich war, wer seinen König erschlagen hatte. Er war wieder der, den Kory ihr Leben lang gekannt hatte, und es machte ihr Mut, dass er wieder bereit war, sie zu unterstützen.
Hatte sie eine bessere Idee? Nein. Glaubte sie, dass es einen nennenswerten Unterschied machen würde? Nicht wirklich. Wurden ihre Hände schwitzig und ihr Atem flacher, wenn sie nur daran dachte, sich in diesen Hof zu stellen und … irgendetwas zu sagen? Offensichtlich. Sie würde es trotzdem tun. Sato hatte recht. Besser als nichts. Die Grenzen ihrer Komfortzone waren ohnehin gesprengt.
„Nicht so schnell“, schaltete sich die junge Witwe nochmals ein, als Koryphelia schon Anstalten machte, mit dem Leibwächter den Raum zu verlassen. „Wenn meine Stieftochter sterben möchte, sei das ihr überlassen, aber ich werde meinen Sohn nehmen und diesen Palast verlassen, bevor er in Flammen steht.“ Sie hielt den Leibwächter am Arm fest, auch wenn es sich nur um eine lockere Geste handelte, weil sie wohl nicht ernsthaft erwartete, dass er sich gegen sie stemmen würde. „Wir werden nicht ohne Begleitschutz gehen.“
Wieder war Satos Lächeln gezwungen, aber dieses Mal galt es Lydisia. „Das ist sicher verständlich, Hoheit. Bulling Reichsprut hier hat eben bereits verkündet, dass auch er die Flucht ergreifen möchte. Ich bin mir sicher, dass es ihm eine Ehre ist, Euch sein Schwert zu leihen.“ Dann befreite er sich von ihrem Arm und eilte zur Tür. Koryphelia folgte ihm hastig und schnitt den Widerspruch ihrer Stiefmutter ab, indem sie die Tür hinter sich zuzog. Sollten sie wie durch ein Wunder überleben, würde die schöne Königin für diese wenigen Augenblicke voller Unverschämtheiten sicher noch Unruhe stiften, aber das war ein Problem der Zukunft.
Milina folgte ihnen, als sie die Treppen hinabeilten, um sich auch in den Hof zu begeben. „Hoheit“, begann sie im Laufen, die blasse Haut im deutlichen Kontrast zu den braunen Haaren. „Haltet Ihr es für möglich, dass wir die wildgewordene Zofe kennen, von der Eure Stiefmutter sprach?“
Natürlich. „Ich fürchte es“, antwortete die Prinzessin, atemlos von den vielen Stufen. „Das wird warten müssen.“ Wenn sie noch lebte, würde Kendra sicher während dieses Angriffs kein weiteres Unheil drohen. Vielleicht war sie gar schon fündig geworden und hatte einen Weg gefunden, sich selbst zu helfen. Schließlich hatte sie sich als recht versiert erwiesen. Wenn Koryphelia ganz ehrlich war, war es ihr egal. Kendra hatte ihr genug Grund zum Ärger gegeben. Das hatte jetzt keinen Platz in ihrem Gedanken.
Sie erreichten den Schlosshof im Laufschritt. Der Himmel war rot. Schwarze Rauchwolken reckten sich ihren regenschweren Geschwistern entgegen, die sich nicht erweichen ließen, gerade jetzt das rettende Nass auf die Stadt hinabzuschicken. Rot wie von einem besonders intensiven Sonnenuntergang blitzte Himmel zwischen den Wolkenbergen und die Stadt jenseits der Mauer leuchtete. Jetzt erst begriff Koryphelia, dass sie nicht auf einem Podium stehen würde, dass sie keine Bühne und andächtige Zuschauer bekam und dass sie nicht in einem heroischen Moment die alles entscheidende Rede schwingen würde, die die Herzen der Kämpfer erhob und ihren Mut stählte. Sie stand mit dem Rücken zum Tor vor einer schlotternden Horde furchtergriffener Soldaten, die sich auch nichts sehnlicher wünschten, als in sichere Betten zu krabbeln und nicht von Drachenfeuer bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden. Sie alle hier wussten, dass sie nicht gewinnen konnten und dass keine Rettung zu erwarten war. Sie würden alles geben, was sie hatten, und dennoch erfolglos verpuffen. Konnte sie das verlangen? Nein, es konnte von niemandem erwartet werden, dass er nicht die Beine in die Hand nahm, solange er noch konnte. Sie konnten nur darum bitten.
So schrie Koryphelia gegen den Lärm der sterbenden Stadt an. Kaum hörbar wurde ihre Stimme über die angstschweigende Zuhörerschaft getragen und konnte keine Wunder vollbringen. Kory wusste nicht, was sie sagen sollte, nicht, wie sie es sagen sollte. Es gab keine richtigen Worte für das sichere Ende. Sie stellte sich einfach vor, jemand anders zu sein. Ein hervorragender Redner vielleicht. Charmant wie Zedian, eindrucksvoll wie Machairi und respektiert wie ihr Vater. Sie dachte an die Verzweiflung der Unterwelt und was alles auf dem Spiel stand, wenn sie heute verloren, und sprach die Worte, wie sie ihr in den Sinn kamen. „Ich weiß, ihr kenn mich kaum, ich bin nur die kleine Prinzessin ohne Ahnung von Kämpfen und Soldatenehre. Ich weiß, dass niemand von uns das hier will. Ich weiß, dass nicht eine Person in diesem Hof sich nach diesem Kampf sehnt, weil es keine Ehre zu erlangen gibt, kein Ruhm zu erringen. Es mag sich nicht lohnen, überhaupt zu kämpfen, und es ist sicher keine Schande, vor einem Drachen zu zittern. Wie sollte es Schande ohne Ruhm geben? Das hier ist anders als alle Kämpfe, die wir gekämpft haben, die ihr gekämpft. Hier geht es ums Überleben. Hier geht es darum, zu retten, was wir können, unsere Existenz zu erhalten und so viele Leben zu retten, wie wir können, weil es unsere Pflicht ist, diese Stadt zu beschützen. Niemand will hier heute sterben. Viele werden es müssen. Niemand wird gezwungen, durch dieses Tor zugehen, aber es gibt kaum eine andere Entscheidung. Weil das hier die einzige Chance ist, die wir bekommen. Also kämpft. Mögen die Götter uns beschützen.“
Koryphelia wusste zunächst nicht, ob man ihr zugehört hatte. Sie wusste nicht, ob das, was sie gesagt hatte, Sinn ergeben hatte oder ob es gar einen Effekt gehabt haben konnte. Einzig Satos besorgtes Lächeln und bekräftigendes Nicken gaben ihr ein wenig Sicherheit. Vielleicht sahen die Augen unter den Helmen in der ersten Reihe tatsächlich etwas motivierter aus? Doch dann wurden Schwerter gezogen und Schafte auf Schilde geschlagen. Ein Trommeln zum Takt des nahenden Todes. Sollte sie tatsächlich etwas bewirkt haben? „Noch besser, als ich es mir vorgestellt hatte, Prinzessin“, sagte der Leibwächter und begann, sie sacht wieder auf das Schloss zuzuschieben, aber sie stemmt die Füße in den Boden.
„Danke, aber wir können noch nicht gehen!“ Sie wehrte sich erfolgreich gegen sein Schieben.
„Prinzessin, Ihr könnt doch nicht wirklich bleiben wollen. Wollt ihr etwa kämpfen? Ohne jede Übung?“
„Nein. Das wäre wohl ziemlich nutzlos. Aber ich kann zur Akademie gehen und die Magier überzeugen, unsere Wunderwaffe zu sein. Wenn wir schon keine haben.“
Milina nickte, auch wenn Sato nicht überzeugt aussah. Seine Sorge war beruhigend und rührend, aber unverantwortlich. Sie konnte nicht von Soldaten erwarten zu sterben und selbst tatenlos auf das Ende warten. Es mochte das Schicksal des Adels sein, aber sie hatte schließlich gar keinen echten Titel. Die Zofe griff nach dem Arm der Prinzessin und versuchte ein Lächeln. „Dann versucht, nicht zu sterben.“ Satos Widerspruch ging unter, denn das Tor wurde geöffnet und die Kämpfer stürmten hinaus und die Prinzessin und ihre beiden Begleiter hätten kaum eine andere Wahl gehabt, als sich mitreißen zu lassen.
Die Flammen hatten die letzten Straßen noch nicht erreicht. Doch der Drache war erschreckend nah. Er schien systematisch die Straßen abzufliegen und wenn Koryphelia sich durch den ganzen Rauch hinweg nicht täuschte, war auf seinem Rücken sogar ein Reiter zu erkennen. Für einen furchtbaren Augenblick dachte sie an Ebos, aber sie versuchte, sich davon zu überzeugen, dass der Herr der Unterwelt nicht auf einem Drachen allein über die Stadt reiten würde. Hoffentlich. Dann geriet das gewaltige Flugtier jedoch ins Straucheln und Koryphelia sah einen zweiten Bolzen, der das Ungeheuer knapp verfehlte. Es drehte sogar ab, um sich aus der Reichweite der Schusswaffen zu bringen. Vielleicht waren die Geschütze nicht so unnütz, wie sie befürchtet hatten. Darauf verlassen wollte sie sich allerdings nicht.
Zu dritt schlugen sie sich durch die Straßen. Genauer: Sato schlug sie durch die Straßen. Er bahnte ihnen einen Weg durch panische Menschenmassen, führte sie um die Trümmer herum, die das Erdbeben verursacht haben musste, und rannte mit ihnen durch die Straßen. Das Feuer kam immer näher und bald glaubte Koryphelia, die Wärme zu spüren, obwohl sie vom Feuer selbst nur den roten Schimmer über den Dächern sah. Je näher sie der Akademie kamen, desto einfacher wurde das Laufen, weil sie nicht die einzigen waren, die sich ihren Weg hierher bahnten. Menschen mit angesengten Kleidern, bösen Wunden oder einfach schierer Panik stolperten auf den goldenen Käfig zu, um die verhassten Magier um Hilfe zu ersuchen. Wie bezeichnend, dass weit weniger Menschen die Flucht zum Palast versuchten. Der Qualm des Feuers drang Koryphelia in die Lunge und brachte sie zum Husten und das Gedränge macht es schwieriger, bei ihren beiden Begleitern zu bleiben. Warum hatte sie Milina mitkommen lassen? Sie war so froh über die Gesellschaft gewesen, dass sie nicht lange genug darüber nachgedacht hatte.
Sie sahen das Tor bereits in der Ferne vor sich, verschlossen. Der Gedanke, dass es nicht möglich sein würde, hineinzukommen, wurde von einem neuen ohrenbetäubenden Lärm überschattet. Instinktiv kauerte sich die Prinzessin an Ort und Stelle zusammen und war damit nicht allein. Die Hände auf die Ohren gepresst, fielen die Flüchtenden auf den Boden, als hätte das Geräusch selbst sie angegriffen. Dann rumpelte und krachte es zum zweiten Mal, der Lärm wurde unerträglich und Koryphelia fühlte ein grauenvoll vertrautes Gefühl von Dunkelheit, dass sich in Windeseile über die Stadt deckte wie ein überraschender Schauer. Furcht erfüllte sie, angstvolle Erinnerungen, während die Unterwelt freibrach. Sie musste in die Akademie. Nur die Magier konnten helfen.
Obwohl ihre Knie zitterten, der Boden bebte und sie inmitten kauernder Menschen war, stemmte Koryphelia sich auf die Beine, ließ sich nicht von Sato festhalten und strauchelte auf die Akademie zu, als wäre sie eine rettende Insel in den Weiten des Meeres. Immer näher kam das rettende Tor und dann ertönte ein zweites Knallen. Es klingelte den Ohren und als sei alles verlangsamt, brachen die Tore der Akademie in einem feurigen Schwall auseinander und warfen die verzweifelten Bittsteller von sich. Koryphelia spürte, wie sie in die Luft gehoben wurde, wie sie den Boden verlor und die Hitze auf der Haut spürte, während alles dunkel wurde und sie noch die Umrisse einer gebrechlichen, altersgekrümmten Gestalt sah, die durch die Verwüstung schritt.
„Es sieht aus, als habe Hareths Prinz einen Anspruch auf den Thron Eures Vaters verkündet und mögliche Herausforderer in den Tempel gefordert, Hoheit“, berichtete die Zofe ruhig und schien sich nicht von Korys Hektik anstecken zu lassen.
Koryphelia trat auf der Stelle und wünschte sich, ebenso ruhig sein zu können wie ihre Freundin. Zedian wollte also tatsächlich den Platz ihres Vaters einnehmen. Das überraschte sie, aber scheinbar war sie damit allein. Noch vor wenigen Stunden hätte sie schwören können, dass ihn selbst die Macht, die ihn in seiner eigenen Heimat erwartete, belastete. Hatte sie sich wirklich derartig in dem jungen Mann getäuscht? Andererseits hatte er vielleicht tatsächlich friedliche Absichten und hatte die Gelegenheit ergriffen, um eine kriegsfreie Ausgangssituation zu schaffen. Irgendjemand musste den Thron schließlich einnehmen, bis es einen Nachfolger gab, und wenn es mit rechten Dingen zuging, würde dieser Nachfolger nicht der Sohn des Usurpators sein, der in diesem Moment noch in einer Wiege geschaukelt wurde. War sie also wütend? Nein, besorgt. Das traf es besser. „Wo ist er jetzt?“, fragte sie deshalb und beschloss, dass Zedian ihr am besten selbst berichten würde, was er sich dabei gedacht hatte. Sie konnte schließlich noch immer entscheiden, ihm nicht beizupflichten, wenn sie das Gefühl hatte, dass er Unrecht hatte.
„Scheinbar hat er sich bereits auf den Weg zum Tempel gemacht, in der Begleitung einer einzigen Wache.“ Milina war die Sorge ebenfalls anzusehen, aber Kory fand keine Skepsis auf den Zügen der Dienerin. Sie hatte fest damit gerechnet. Milina war stets überlegt und vorsichtig, was vielleicht auch eine Berufskrankheit war, wenn man den ganzen Tag zu nah an einflussreichen Menschen verbrachte. Wenn selbst die Zofe keine Gefahr sah, war das vielleicht ein gutes Zeichen, dass auch Kory sich auf ihr Gefühl verlassen konnte, dass Zedian sicher keine finsteren Motive hatte.
„Glaubst du, dass es eine schlechte Sache ist?“, fragte Kory deshalb geradeheraus.
„Nun, ich denke für die Stadt und den Kontinent nicht“, jetzt spielte sogar ein kleines Lächeln um die Mundwinkel der Zofe. „Der harethsche Prinz hat sich schließlich bisher als sehr friedfertig und pragmatisch erwiesen. In derart schweren Zeiten könnte es genau das sein, was Cecilia braucht. Nur denke ich, dass Eure Stiefmutter dahingehend Bedenken haben könnte, und sicher dagegenhalten wird.“ Das fasste die Lage gut zusammen.
Die Prinzessin nickte und seufzte. „Dann widmen wir uns doch vorerst unserem kleinen Problem“, schlug sie mit einem Gedanken an Kendra vor, die in den Gemächern der Prinzessin auf ihr gestohlenes Heiligtum wartete.
„Ich fürchte auch, dass ihr den Kämpfen kein Ende setzen könnt, Prinzessin, außer Ihr möchtet selbst als Herausforderin antreten.“
„Götter, wo denkst du hin!“, stieß die Prinzessin hervor. Sie hatte in ihrem Leben genau eine echte Kampfstunde erhalten, und zwar von der Faust auf einer verwunschenen Insel, und ihre körperliche Form hatte sich seither nicht unbedingt zum Positiven verändert. Es hätte sie gewundert, wenn sie noch irgendetwas von dem gekonnt hätte, was die Rothaarige ihr notdürftig beigebracht hatte. Jedenfalls hätte es ganz bestimmt nicht gegen einen erfahrenen Kämpfer wie Zedian gereicht, der sein Schwert mit solchem Selbstverständnis trug, und sie hatte auch kein Interesse daran, einen Vertreter zu wählen. Außerdem war sie sicher ungeeignet für diesen Thron, während sie Zedian schon für eine sinnvollere Wahl hielt. Sie konnte nur hoffen, dass niemand anders als scherzhaft von ihr erwarten würde, dass sie versuchte, den Thron für sich zu beanspruchen.
Milina lachte, doch das leise Lachen wurde von einem plötzlichen Rumpeln übertönt und auf einmal bebte die Erde. Koryphelia schwankte, hatte Probleme, sich auf den Beinen zu halten, und klammerte sich an das nächste Pilaster neben einer Tür, während Milina zum Fenster schräg gegenüber taumelte. Die Arabesken zitterten fast wie echte Blätter im Wind. Kory hielt den Atem an, während Übelkeit in ihr emporkroch. Entsetzt starrte sie auf die wackelnden Wände, spürte den leichten Staub auf ihr Haar rieseln, der sich von den Verzierungen löste und auf sie hinabfiel. Sie wusste, was geschah. Ob es daran lag, dass es offensichtlich sein musste, oder ob vielleiht doch noch die Reste von Ebos‘ Präsenz in ihr hafteten, Koryphelia hatte keinen Zweifel daran, dass die Unterwelt sich über die sterbliche Welt ergoss, wie flüssiges Pech, das man von den Zinnen auf unliebsame Besucher hinabgoss … nur dass es nun auf die Angegriffenen und nicht auf die Angreifer traf.
Die Prinzessin war sich nicht sicher, ob sie je ein Erdbeben erlebt hatte. Vielleicht, als sie noch ganz klein gewesen war, mochte der Erdboden einmal kurz gezittert haben. Die Erinnerung war ein fernes Klopfen. Sie war sich jedoch sicher, dass es damals nicht länger als ein paar Augenblicke gedauert hatte. Nun aber erbebte die Erde und wollte nicht wieder aufhören. Aus feinem Staub wurden kleine Steine und aus kleinen Steinen echte Brocken. Koryphelia zog sich weiter unter den Türrahmen, als der Kopf einer spärlich bekleideten Männerstatue von der Wand fiel und auf dem Fliesenboden zerschellte, wobei ein weiterer Riss im Stein entstand. Das ganze Schloss wurde bis in seine tiefsten Fundamente erschüttert und bald schwand Korys anfängliches Vertrauen in die Stabilität ihres Elternhauses.
Auch die Zofe war kreidebleich und fassungslos. Kory konnte von ihrer wenig geschützten Position aus beobachten, wie sich die andere auf das breite Fensterbrett zog, um sich vor fallenden Trümmerteilen aus größerer Höhe in Sicherheit zu bringen. Ihr Blick fiel aus dem Fenster und Milina starrte ängstlich hinaus. Die Prinzessin konnte beim besten Willen nicht erkennen, was sich dort abspielen mochte, aber sie konnte über den tosenden Lärm der dröhnenden Erde, das Poltern der fallenden Trümmer und das Knirschen der Wände auch niemals hinwegschreien.
Die Finger der Prinzessin waren von hellem Steinstaub bedeckt und die Knöchel darunter waren weiß, so sehr klammerte sie sich an der Halbsäule fest, die geradezu vibrierte. Doch schließlich hielt sie es nicht mehr aus, konnte nicht warten, bis ihr endgültig buchstäblich die Decke auf den Kopf fiel und wankte über den bebenden Flur. Sie erreichte das Fenster mit Mühe und Not, strauchelte über den Schutt auf dem Boden und rechnete jeden Augenblick damit, von einem neuen Trümmerteil erschlagen zu werden. Wie durch ein Wunder erreichte sie jedoch das Fenster und konnte sich neben ihrer Freundin auf das Sims drängen und mit ihr gemeinsam hinausstarren. Ob es hier so viel sicherer war, war eine andere Frage.
Hafen und Bienenstock waren von den höchsten Schlossfenstern aus nur schwerlich zu erkennen und hier, aus einem der unteren Stockwerke, war es nicht einmal theoretisch möglich, die unteren Viertel zu erblicken. Doch nun erhob sich ein gewaltiger Berg mehr und mehr dort, wo die Fluten des Meeres längst begonnen hatten. Bedrohlich und dunkel ragte er scheinbar in die tiefhängenden Wolken hinein und wuchs immer weiter. Gerade als Koryphelia sich fragte, ob der Berg einfach immer weiterwachsen würde, bis die Spitze gegen das Ende des Himmels stieß oder sämtliche Häuser zusammengebrochen waren, flaute das Beben ab. Noch immer vibrierte der Boden wie das flatternde Herz eines hektischen Vogels, doch langsam legte sich das furchtbare Erdbeben und es bestand zumindest wieder die Möglichkeit, etwas zu hören.
„Was bei allen Göttern ist das?“, hauchte Milina und starrte aus dem Fenster und auch Kory konnte sehen, wie ein Lichtkegel in die Wolken fiel.
„Ich weiß es nicht“, hauchte die Prinzessin zurück und wusste doch, dass sie es zu früh herausfinden würde. Ihre Hände klammerten sich an das Fensterbrett und sie starrte auf die Stadt hinaus, wo die Lichtsäule mit jedem Augenblick zu wachsen schien. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, woher sie rührte, auch wenn Ebos eigentlich die letzte Kraft war, von der sie gleißend helles Licht erwartet hätte. Dann verengte die Prinzessin die Augen etwas weiter und fragte sich, ob da tatsächlich etwas über dem Bienenstock in der Luft flog. Konnte das Einbildung sein? Doch dann sah sie rotes Leuchten und Rauchwolken aufsteigen und sie war sich sicher. Koryphelia hatte nie einen leibhaftigen Drachen gesehen, ebenso wenig wie die meisten glücklichen Menschen – außer man zählte dieses kleine Echsentier, das das blinde Mädchen herumgetragen hatte. Leider änderte sich das nun.
Ihr erster Impuls war erneut, nach Zedian zu suchen. Ohne jeden Zweifel hatte sie ihn spätestens nach all seiner Hilfe als die nächste Autoritätsperson in ihrem Leben anerkannt, nach der sie sich richten konnte. Doch Koryphelia hatte oft genug Kefas Zerstörung zugesehen, in einem grauenvollen Albtraum nach dem nächsten. Sie hatten ihr den Tod ihres Vaters prophezeit und den Untergang so vieler anderer. Sie war nicht gewillt, einfach dabei zuzusehen, wie sich diese Träume bewahrheiteten, weil sie auf jemand anderen vertraute. Nach leidvoller Erfahrung war sie sicher, dass der Palast und der Tempel entscheidende Schauplätze sein würden. Es musste also etwas getan werden.
„Milina, kannst du jemanden finden, der Ahnung von Schusswaffen hat? Und weißt du, ob wir solche … solche Riesenarmbrüste haben?“ Kory stieß sich vom Fenster ab und suchte sich ihren Weg über den staubbedeckten Flur und an den kleineren Trümmerteilen vorbei.
Die Zofe sah ihr etwas verdutzt nach und sprang etwas unkoordiniert von der Fensterbank, um der falschen Prinzessin zu folgen. „Meint Ihr Ballisten, Hoheit?“, fragte sie. „Wollt ihr nicht nach Zed… dem Harethiprinzen schicken?“
„Wenn Zedian tatsächlich im Tempel ist, können wir hoffen, dass er vielleicht dort etwas ausrichten kann, und er wird schon auftauchen, wenn er noch die Möglichkeit dazu hat. In der Zwischenzeit müssen wir wohl ohne Männerhilfe auskommen, oder glaubst du, dass sich jemand freiwillig meldet, um jetzt in die Stadt hinaus zu gehen?“ Wenn es wirklich darauf ankam, würden die Soldaten doch wohl auch einer Prinzessin Folge leisten, oder etwa nicht? Koryphelia war stets voller Zweifel, besonders in den letzten Tagen, aber nun hatte sie ein deutliches Ziel, das es zu erfüllen gab, und sie würde sich nicht von ihrer eigenen Angst ihr Zuhause nehmen lassen, wenn sie doch etwas hätte tun können.
Eigentlich hatte sie keine Prinzessin mehr sein wollen. Eigentlich hatte sie sich damit abgefunden, den erschlichenen Titel aufzugeben und mit etwas Glück einfach Zedians Braut zu sein. So war sie selbst von sich überrascht, wie leicht es ihr nun fiel, die Führung zu übernehmen. Es war ihr egal, wie das aussah und was ihre Stiefmutter davon dachte. Es wäre eine Option gewesen, durch den Königspass das Schloss zu verlassen, denn wie Machairi damals im Sultanspalast so trefflich festgestellt hatte, gab es immer einen Hinterausgang. Doch Koryphelia würde nicht durch das Bergesinnere bis auf die andere Seite des Korn flüchten. Noch nicht jedenfalls. Milina fand den obersten Offizier für sie und Kory selbst machte sich auf den Weg zu dem einzig sinnvollen Arbeitszimmer, das für sie stets nur das Strategiezimmer gewesen war.
Sie war nur ein einziges Mal hier gewesen, zwischen aufgerollten Plänen, Modellwelten von Kefa, Schlachtfeldern und Om’falo. Damals hatte ihr Vater ihr den Kriegsplan gegen Hareth erklärt, welche Rolle sie darin spielen musste und dass sie möglichst schnell ein Kind bekommen sollte. All das schien eine Ewigkeit her zu sein und als sie nun zurückkehrte und Sato und zwei weitere Mitglieder des hohen Rates um den Tisch versammelt sah, fühlte sie sich nicht mehr so hilflos und ausgeliefert wie damals. Dabei hatte sich ihre Situation seither kaum verbessert. Doch sie hatte sich verändert, das wurde ihr in diesem Moment klarer als je zuvor. Sie hatte auf ihrer Reise mit den Bienen, auf ihrem Weg durch die Unterwelt und nach ihrer Heimkehr mehr und mehr das Gefühl gehabt, zu zerbrechen und nie wieder zu funktionieren. Die Trauer zerrte noch immer an ihr, gepaart mit der furchtbaren Angst, die ein stetiger Begleiter geworden war. Doch darunter war unbemerkt etwas anderes erwachsen, was sie früher nie gehabt hatte. Resilienz mochte etwas hoch gegriffen sein, wenn sie darüber nachdachte, wie verzweifelt sie noch vor wenigen Stunden gewesen war, als sie die Leiche ihres Vaters betrachtet hatte. Dennoch fühlte Koryphelia sich ungewöhnlich entschlossen und betrat den Raum hoch erhobenen Hauptes. „Haben wir Ballisten?“, fragte sie ohne Umschweife und trat an den Tisch heran.
Keine Verneigungen, keine Höflichkeiten hatten die Männer am Tisch für sie übrig. Einer der Ratsherren erübrigte ein Nicken, das man vielleicht als die Andeutung einer Verbeugung verstehen konnte, und Sato verzog das Gesicht zu einem gezwungenen Lächeln. Vielleicht sollte sie sich darüber freuen, dass man ihr nicht augenblicklich die Tür wies. „Wir haben eine einzelne Balliste und einige größere Armbrustmodelle für zwei Schützen, die sich noch in der Testphase befinden“, informierte der oberste Leibwächter und hatte wohl noch nicht vergessen, dass er die Prinzessin zuletzt im Blut ihres Vaters gesehen hatte, so skeptisch und feindselig, wie er sie betrachtete. Den Schmerz über das Misstrauen eines Mannes, der ihr so oft wie ein Vater gewesen war, schob Koryphelia beiseite. Seine Skepsis war schließlich berechtigt. Der falsche Zeitpunkt war es dennoch.
„Gut. Wie schnell können wir die auf der Mauer platzieren?“, fragte sie weiter und fing sich weitere Skepsis ein.
„Möchtet Ihr auf ein Erdbeben schießen, Prinzessin?“, fragte der ältere Ratsherr spitz. Serrfreud, wenn sie sich nicht irrte. Sein einst rötlicher Bart war inzwischen ergraut und das schüttere Haar verbarg die glänzende Kopfhaut nicht länger.
Trotzig schob sie das Kinn vor und streckte die Scheitelkrone nach oben, in der Hoffnung, ihre mangelnde Größe durch eine aufrechte Haltung auszugleichen. „Das wäre wahrlich unklug, Herr Waffenmeister. Ihr könnt es gern trotzdem probieren. Ich würde es allerdings bevorzugen, auf den Drachen zu zielen, der über der Stadt fliegt“, bemerkte sie ebenso spitz.
„Drache?!“ Die Stimme des Dunkelhaarigen überschlug sich und er räusperte sich nervös. Falls sie seinen Namen gekannt hatte, war er ihr entfallen. Er war deutlich jünger als die anderen beiden Männer am Tisch und auch wenn er einige Abzeichen höherer Militärsränge an seiner Jacke trug, die nun von Steinstaub bedeckt wurde, musste er noch vergleichsweise unerfahren sein. Der Sohn eines Großherzogs vielleicht, der sich und seine Familie in der Hauptstadt in die Gunst des Königs stellen sollte. Die speckigen Wangen glühten rot auf dem sonst erbleichten Gesicht und der Gedanke an eine feuerspeiende Bestie über der Stadt erfüllte ihn offensichtlich mit angemessener Furcht.
„Seid Ihr Euch sicher, Hoheit?“, fragte Sato, nun etwas weniger feindselig, doch unverändert skeptisch.
„Es fliegt und spuckt Feuer. Wenn es kein Drache ist, ist es nah genug dran“, zischte sie über den Tisch und nahm ihm seinen Argwohn plötzlich doch übel. War jetzt nicht vollkommen unerheblich, wer den König getötet hatte? Oder dass sie nur ein dummes Prinzeschen war, das man nie in diese Dinge einbezogen hatte? Konnten sie nicht zu diesen Problemen zurückkehren, sobald sie diese Krise überlebt hatten? Falls sie sie überlebten …
Sato sah zum Fenster. Ob er erwartete, dort im nächsten Moment eine geschuppte Schnauze zu sehen? Nach kurzem Zögern durchschritt der Leibwächter den Raum und warf einen Blick hinaus. Die anderen beiden Männer schienen lieber gebannt die Reaktion des erfahrenen Kämpfers zu beobachten, anstatt selbst einen Blick zu riskieren. „Nun, bisher steigt nur Rauch über dem Bienenstock auf“, berichtete er. „Das gibt uns Zeit.“
„Wir sollten evakuieren“, schloss der aufgedunsene jüngere Kerl. Es war nicht überraschend, dass er weglaufen wollte. Er sah nicht aus, als hätte er in seinem Leben je einen Finger mehr als notwendig gerührt.
„Was?!“, entfuhr es Koryphelia und sie schüttelte den Kopf. „Wir können doch nicht augenblicklich die Hauptstadt aufgeben … ganz zu schweigen von den tausenden Menschen, die wir niemals alle aus der Stadt bringen können!“ Sie war kein Mensch des Kampfes, keine Person, die einer Schlacht mit Begeisterung entgegensah. Doch wenn sie heute nicht wenigstens versuchten, sich zu verteidigen, würde es kein Später mehr geben.
Serrfreud strich über seinen ordentlichen Bart und verbarg beinahe, dass seine Finger bebten. „Reichsprut hat nicht unrecht. Wir alle kennen die Legenden des großen Brandes. Vierhundert Armbrustschützen, vielleicht tausende haben damals nichts ausrichten können. Vielleicht ist es besser zu retten, was gerettet werden kann.“
Den Blick noch immer aus dem Fenster gerichtet, schüttelte Sato den Kopf. „Wohin wolltest du laufen? Wir haben bereits den König verloren, Kefa ist die letzte Zuflucht für all diese Geflüchteten. Wenn Bulling noch ein paar Schiffe abseits des Hafens versteckt, könnten wir vielleicht ein paar von uns nach Hareth retten, um dort darauf zu warten, dass diese … Kreaturen den Weg über die schwarze See finden. Wozu?“
„Ich für meinen Teil sterbe lieber in ein paar Monaten als heute“, meldete sich der Hafenmeister wieder zu Wort und Koryphelia erinnerte sich. Bulling Reichsprut war einer der Adeligen gewesen, die sie nach Hareth begleitet hatten. Er verwaltete den Hafen und die königlichen Schiffe und wenn die Gerüchte stimmten, war es sicher nur den Flüchtlingen im Bienenstock zu verdanken, dass er sich in diesem Moment nicht in einem Freudenhaus den Bauch vollschlug und anderen Vergnüglichkeiten hingab.
Koryphelia schnaubte. „Ich kann nicht glauben, dass ihr unsere Zeit damit verschwendet, tatsächlich darüber zu diskutieren!“ Sie schüttelte den Kopf und deutete auf das Miniaturkefa auf dem Tisch vor ihnen. „Kefa ist alles, was wir haben. Bringt jedes Geschütz, das sich auftreiben lässt, auf die Schlossmauer und schießt auf diesen Drachen. Wenn es schon nicht reicht, um ihn aufzuhalten, reicht es vielleicht wenigstens, um ihn zu beschäftigen.“
Ein sehr unangebrachtes Augenrollen ließ Bulling noch dümmlicher aussehen. „Bei allem Respekt, Prinzessin, warum seid Ihr hier, anstatt mit den andern Frauen Gebete zu flüstern?“
Koryphelia musste sich zusammenreißen, um nicht eines der Miniaturhäuser nach ihm zu werfen … oder vielleicht gleich den Palast. „Wie war das nicht respektlos?“, fragte sie mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte. „Die bessere Frage ist, warum aus dem engen Rat von acht Männern nur zwei anwesend sind … von denen einer nur ein Vertreter ist?“
„Prinzessin, auch wenn ich zustimme, dass der Hafenmeister seine Worte mit mehr Bedacht wählen sollte, denke ich, dass Ihr gehen solltet. Wir werden uns um alles Notwendige kümmern“, fiel ausgerechnet Sato ihr in den Rücken. „Ihr habt nicht die Befehlsgewalt Eures Vaters.“
Es war nicht immer schön gewesen, Thredians Tochter zu sein. Sie hatte sich in vielen Augenblicken vor den autoritären Männern um sie herum versteckt. Doch sie hatte auch gelernt und spätestens, seit sie Ebos selbst in ihren Gedanken und ihrem Körper gehabt hatte, hatte sich diese Furcht gemindert. „Wer sonst sollte sie haben?“ Koryphelia sah Sato fest an. Wenn er ihr Band zerstört sah, gab es keinen Grund für sie, daran festzuhalten. „Wer in diesem Schloss hat mehr Befehlsrecht als ich? Meine Stiefmutter? Oder mein Säugling-Halbbruder?“ Herausfordernd sah sie in die Runde. „Oder du vielleicht, Leibwächter?“
Sie konnte in seinem Blick sehen, wie er nach dem kleinen Mädchen suchte, dass er auf seinen Schultern über die Flure getragen hatte, und für einen Augenblick taten ihr ihre Worte fast leid. Doch dieses Mal knickte Koryphelia nicht ein. Sie hielt das Kinn hoch und begegnete drei verlegenen und perplexen Blicken mit jedem letzten Fünkchen Selbstsicherheit, das sie in sich fand. Gerade als sie glaubte, dass die Männer sie auslachen würden, gab Sato nach. Das Gefühl, als er sich verneigte, war gleichzeitig grausam und zufriedenstellend. „Ihr habt recht, Prinzessin, vergebt mir.“
Im nächsten Augenblick klopfte es kurz an der Tür und der oberste Offizier trat ein. Zu ihrer Erleichterung brauchte der Mann keine Überzeugungsarbeit, um sich respektvoll zu gebärden, und sie nahm die Gelegenheit wahr. „Ah, endlich. Richtet jedes erdenkliche Geschütz auf den Drachen und schießt, sobald er sich in Reichweite befindet. Alles, was kämpfen kann, soll sich dafür bereit machen, und findet einen Weg, Nachricht in die Akademie zu schicken. Versprecht ihnen alles, egal, was ihre Hilfe kostet. Wir werden sie brauchen.“
Nach langem Schweigen schaltete sich nun Serrfreud wieder ein. „Prinzessin, bedenkt, dass die Magier vielleicht Freiheit fordern werden.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Dann ist das so.“ Nun starrten schon vier Männer sie fassungslos an und die Skepsis war zurück. „Wollt ihr lieber freie Magier oder Kefa vernichtet sehen?“ Schweigen. Wirklich? Hatte sie auch mal so gedacht? Warum war das offenbar keine eindeutige Frage?
Der oberste Offizier war der erste, der sich regte. „Wie Ihr wünscht. Das geringere Übel.“ Dann machte er auf dem Absatz kehr und verließ den Raum im Eilschritt. Dabei warf er beinahe Milina um, die augenscheinlich vor der Tür gewartet hatte.
Koryphelia nickte und drehte sich wieder der Stadtminiatur zu. Wenn sie ehrlich war, war sie nicht sehr optimistisch, dass die Magier ihnen zur Hilfe kommen würden. Hoffnung schöpfte sie nur daraus, dass auch die Bewohner der Akademie untergingen, wenn Kefa eine Feuerwüste wurde. Allerdings hatten die Menschen scheinbar eine ungesunde Neigung zu mehr Stolz als Pragmatismus und es war nicht auszuschließen, dass die Magier Kefa brennen sehen wollten, selbst wenn das auch ihre eigene Zeit terminierte. Was sollten sie also tun, wenn keine Unterstützung aus der Akademie kam? Was tat man bei einem Drachenangriff? Gab es eine sinnvolle Strategie für eine solche Situation? Sicher hätten Zedian oder Machairi eine Antwort auf diese Fragen gehabt, oder wenigstens einen erfahreneren Blick für die Situation. Sollte sie das überleben, tatsächlich Zedians Braut werden und eines Tages eine Tochter haben, würde sie dafür sorgen, dass man ihr militärisches Denken und das Finden der richtigen Strategie beibrachte. Weiterhelfen würde ihr das nun allerdings nicht. „Gibt es zufällig irgendwelche Verteidigungsmechanismen, von denen ich nicht weiß?“, erkundigte sie sich bei den Skeptikern im Raum, während Milina die Tür leise wieder zuschob.
„Woran denkt Ihr, Prinzessin?“, erkundigte sich der ergraute Militär und gab sich große Mühe, seinen Argwohn zu verbergen. Er scheiterte.
„Ist Kefa nicht schon einmal einem verheerenden Drachenangriff zum Opfer gefallen?“ Ein neues Beben schüttelte den Palast und Kory hielt sich erschrocken an der Tischplatte fest, auf der die kleinen Häuser wackelten. Nicht der Zeitpunkt für rhetorische Fragen. „Hat man wirklich keine einigermaßen geheimen Vorkehrungen getroffen, um ein solches Ereignis zu vermeiden?“
Sato schüttelte den Kopf. „Dieser Angriff war vor vielen hundert Jahren, Hoheit, und es gab lange keinen Grund zur Annahme, dass es überhaupt noch Drachen in unserer Welt geben könnte. Wir haben keine riesenhaften Drachenfangnetze oder Schutzschilde für die Stadt, falls Ihr etwas Derartiges meint.“
Das wäre auch zu schön gewesen. „Was haben wir denn? Haben wir irgendeine halbwegs taugliche Waffe, eine Strategie, einen Plan … irgendetwas?“
„Ihr habt bereits sämtliche Geschütze befohlen. Sofern Ihr nicht mit Fußsoldaten und Nahkampfwaffen in den Kampf ziehen wollt, wird das wohl nichts.“ Bulling fuhr sich durch die braunen Haare, sodass die stark gefetteten Strähnen nicht länger ordentlich nebeneinanderlagen, sondern zu den Seiten abstanden.
Sie knirschte mit den Zähnen. Es konnte doch nicht sein, dass sie nichts anderes tun konnten, als ein paar Bolzen auf eine fliegende Echse zu schießen. Eine fliegende Bestie musste von etwas bekämpft werden, das flog, oder man musste sie zwingen zu landen. „Ich nehme an, dass wir dann auch nicht irgendwo in der Nähe ein geheimes Gefängnis mit vernunftbegabten Monstern haben, sodass man vielleicht ein Ungeheuer mit dem anderen bekämpfen könnte?“ Kopfschütteln und gehobene Augenbrauen. Wie zwang man einen Drachen zu landen?
Im nächsten Moment öffnete sich die Tür ein zweites Mal schwungvoll und der Duft von zarten Marlibiskusblüten wehte in den Raum. Lydisias Makellosigkeit war schrecklich verschwendet an dem kleinen Raum und unpassend für diesen Augenblick. Ein bitterböser Blick brachte Koryphelias Blut zum Gefrieren, doch dann wendete die schöne Witwe sich an den königlichen Leibwächter und erleichterte damit jeden im Raum, der nicht angesprochen war. „Warum warst du nicht beim ersten Anzeichen von einer neuen Katastrophe an der Seite deines zukünftigen Königs?“, fragte die junge Königin spitz. „Wir wollen doch nicht direkt den nächsten König verlieren, nicht wahr?“ Ihre Entschlossenheit war beneidenswert und sehr viel eindrucksvoller, als selbst die entschlossenste Koryphelia je hätte sein können. „Wir bringen uns in Sicherheit. Sofort. Soeben kam schon eine wildgewordene Zofe in meine Gemächer und wollte mich bestehlen. Scheint, als wäre die Zeit der Regeln vorbei. Ich werde nicht hier sitzen und darauf warten, dass dieses fremde Unglück unsere Hallen erreicht.“ Damit warf sie das Haar zurück, drehte auf dem Absatz um und war bereit, Königreich und Hauptstadt buchstäblich den Rücken zu kehren.
Warum waren alle hier so überzeugt, dass sie fliehen konnten? Sahen sie nicht, dass es keine Fluchtmöglichkeit gab? Selbst wenn ihnen die Flucht durch die Tunnel heute gelingen sollte, gab es keinen Ort, zu dem sie rennen konnten. „Wir können nicht einfach weglaufen!“ Nochmals war sie gezwungen, ihre tatsächlichen Befugnisse und damit auch ihre Gewohnheiten zu verlassen. Sie hatte es stets vermieden, der jungen Braut ihres Vaters in die Quere zu kommen, weil sie niemals in der Haut ihrer bedauernswerten Widersacher hatte stecken wollen. Denn Lydisia mochte fein und makellos sein, aber ziemlich sicher erzitterten nicht nur die Diener vor ihrem Unmut. Diese Frau wusste, wie sie bekam, was sie wollte. Mit allen Mitteln. Nun war Koryphelia trotzdem entschlossen, sich gegen sie zu stellen. „Wenn wir Kefa nicht beschützen, werden wir alle untergehen“, prophezeite sie und fühlte sich wie ein verrücktes Weib, das haltlose Weltuntergänge durch die Straßen schrie, obwohl die Bedrohung sehr real über der Stadt segelte und Flammen spuckte.
„Kennen wir uns nun mit Untergängen aus, Koryphelia?“ Plötzlich hatte keiner der herablassenden Männer im Raum mehr etwas zu sagen, während die Königin die Katzenkrallen ausfuhr. „Soll ich das für ein Geständnis halten?“
Das war eine ungerechte Verdrehung und trotzdem musste Koryphelia nach Luft schnappen und sah etwas hilflos durch den Raum. Sie war nicht gut in diesen Dingen. Was hätte Zedian darauf gesagt? Vermutlich wäre der gar nicht erst in diese Lage gekommen. Die Zeit, sich eine Antwort zu überlegen, verrann zu schnell und die der Stadt sowieso. Alles, was der Prinzessin blieb, war die Flucht nach vorn. „Was für ein Geständnis? Dass es keine strategischen Meisterleistungen braucht, um zu erkennen, dass ohne Kefa alles verloren ist? Gern. Dass ich nicht nach einem Erdbeben durch irgendwelche Tunnel rennen will, während alle Bewohner der Stadt elendig verbrennen? Absolut. Dass mich das grausame Ende dieser Stadt seit unserem Aufbruch nach Hareth mehr als einmal heimgesucht hat und ich das nicht erfüllt sehen möchte? Bitte. Interpretiert alle darein, was ihr wollt, aber hört endlich auf, unsere Zeit zu verschwenden, und helft mir, einen ordentlichen Plan zu entwerfen!“
Als wollte jemand ihren Punkt unterstreichen, wehte Lärm zu ihnen hinauf und brachte den beißenden Gestank von Rauch mit. Zetern, Schreie und ein Brüllen, das nur zu dem Drachen gehören konnte, brachen in den Raum und erinnerten die kleine Versammlung daran, dass die Prinzessin recht hatte und ihnen keine Zeit zum Streiten blieb. Koryphelia fing noch den Blick ihrer Stiefmutter auf. Überrascht erkannte sie weder Wut noch die erwartbare Skepsis, sondern … Anerkennung? Doch sie hielt den Blick nur für einen Augenblick, bevor sie zum Fenster stürzte.
Kefa brannte. Der Drache flog beängstigend nah über der Stadt und spie Flamme um Flamme in die lodernden Straßen hinab. Viel zu wenige Schützen hatten ihren Weg bereits auf die Mauer gefunden und schienen bereit, tatsächlich auf den Todesbringer zu schießen, und kein Lebenzeichen kam vom goldenen Dach der Akademie, das zwischen den Rauchschwaden blitzte, unversehrt, unbekümmert. Doch im Schlosshof sammelten sich mehr und mehr Soldaten, denen die Furcht selbst bis hier oben sichtbar auf die Gesichter gebrannt stand.
Sato räusperte sich. „Prinzessin, vielleicht wäre es gut, wenn Ihr eine solche Rede noch einmal halten würdet“, sagte er mit einem Schmunzeln. „Wenn wir schon keine großartigen Waffen hinzuziehen können, könnte ein wenig Entschlossenheit nicht schaden.“ Die Skepsis war verschwunden, denn dieser Mann hatte verstanden, dass es jetzt vollkommen unerheblich war, wer seinen König erschlagen hatte. Er war wieder der, den Kory ihr Leben lang gekannt hatte, und es machte ihr Mut, dass er wieder bereit war, sie zu unterstützen.
Hatte sie eine bessere Idee? Nein. Glaubte sie, dass es einen nennenswerten Unterschied machen würde? Nicht wirklich. Wurden ihre Hände schwitzig und ihr Atem flacher, wenn sie nur daran dachte, sich in diesen Hof zu stellen und … irgendetwas zu sagen? Offensichtlich. Sie würde es trotzdem tun. Sato hatte recht. Besser als nichts. Die Grenzen ihrer Komfortzone waren ohnehin gesprengt.
„Nicht so schnell“, schaltete sich die junge Witwe nochmals ein, als Koryphelia schon Anstalten machte, mit dem Leibwächter den Raum zu verlassen. „Wenn meine Stieftochter sterben möchte, sei das ihr überlassen, aber ich werde meinen Sohn nehmen und diesen Palast verlassen, bevor er in Flammen steht.“ Sie hielt den Leibwächter am Arm fest, auch wenn es sich nur um eine lockere Geste handelte, weil sie wohl nicht ernsthaft erwartete, dass er sich gegen sie stemmen würde. „Wir werden nicht ohne Begleitschutz gehen.“
Wieder war Satos Lächeln gezwungen, aber dieses Mal galt es Lydisia. „Das ist sicher verständlich, Hoheit. Bulling Reichsprut hier hat eben bereits verkündet, dass auch er die Flucht ergreifen möchte. Ich bin mir sicher, dass es ihm eine Ehre ist, Euch sein Schwert zu leihen.“ Dann befreite er sich von ihrem Arm und eilte zur Tür. Koryphelia folgte ihm hastig und schnitt den Widerspruch ihrer Stiefmutter ab, indem sie die Tür hinter sich zuzog. Sollten sie wie durch ein Wunder überleben, würde die schöne Königin für diese wenigen Augenblicke voller Unverschämtheiten sicher noch Unruhe stiften, aber das war ein Problem der Zukunft.
Milina folgte ihnen, als sie die Treppen hinabeilten, um sich auch in den Hof zu begeben. „Hoheit“, begann sie im Laufen, die blasse Haut im deutlichen Kontrast zu den braunen Haaren. „Haltet Ihr es für möglich, dass wir die wildgewordene Zofe kennen, von der Eure Stiefmutter sprach?“
Natürlich. „Ich fürchte es“, antwortete die Prinzessin, atemlos von den vielen Stufen. „Das wird warten müssen.“ Wenn sie noch lebte, würde Kendra sicher während dieses Angriffs kein weiteres Unheil drohen. Vielleicht war sie gar schon fündig geworden und hatte einen Weg gefunden, sich selbst zu helfen. Schließlich hatte sie sich als recht versiert erwiesen. Wenn Koryphelia ganz ehrlich war, war es ihr egal. Kendra hatte ihr genug Grund zum Ärger gegeben. Das hatte jetzt keinen Platz in ihrem Gedanken.
Sie erreichten den Schlosshof im Laufschritt. Der Himmel war rot. Schwarze Rauchwolken reckten sich ihren regenschweren Geschwistern entgegen, die sich nicht erweichen ließen, gerade jetzt das rettende Nass auf die Stadt hinabzuschicken. Rot wie von einem besonders intensiven Sonnenuntergang blitzte Himmel zwischen den Wolkenbergen und die Stadt jenseits der Mauer leuchtete. Jetzt erst begriff Koryphelia, dass sie nicht auf einem Podium stehen würde, dass sie keine Bühne und andächtige Zuschauer bekam und dass sie nicht in einem heroischen Moment die alles entscheidende Rede schwingen würde, die die Herzen der Kämpfer erhob und ihren Mut stählte. Sie stand mit dem Rücken zum Tor vor einer schlotternden Horde furchtergriffener Soldaten, die sich auch nichts sehnlicher wünschten, als in sichere Betten zu krabbeln und nicht von Drachenfeuer bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden. Sie alle hier wussten, dass sie nicht gewinnen konnten und dass keine Rettung zu erwarten war. Sie würden alles geben, was sie hatten, und dennoch erfolglos verpuffen. Konnte sie das verlangen? Nein, es konnte von niemandem erwartet werden, dass er nicht die Beine in die Hand nahm, solange er noch konnte. Sie konnten nur darum bitten.
So schrie Koryphelia gegen den Lärm der sterbenden Stadt an. Kaum hörbar wurde ihre Stimme über die angstschweigende Zuhörerschaft getragen und konnte keine Wunder vollbringen. Kory wusste nicht, was sie sagen sollte, nicht, wie sie es sagen sollte. Es gab keine richtigen Worte für das sichere Ende. Sie stellte sich einfach vor, jemand anders zu sein. Ein hervorragender Redner vielleicht. Charmant wie Zedian, eindrucksvoll wie Machairi und respektiert wie ihr Vater. Sie dachte an die Verzweiflung der Unterwelt und was alles auf dem Spiel stand, wenn sie heute verloren, und sprach die Worte, wie sie ihr in den Sinn kamen. „Ich weiß, ihr kenn mich kaum, ich bin nur die kleine Prinzessin ohne Ahnung von Kämpfen und Soldatenehre. Ich weiß, dass niemand von uns das hier will. Ich weiß, dass nicht eine Person in diesem Hof sich nach diesem Kampf sehnt, weil es keine Ehre zu erlangen gibt, kein Ruhm zu erringen. Es mag sich nicht lohnen, überhaupt zu kämpfen, und es ist sicher keine Schande, vor einem Drachen zu zittern. Wie sollte es Schande ohne Ruhm geben? Das hier ist anders als alle Kämpfe, die wir gekämpft haben, die ihr gekämpft. Hier geht es ums Überleben. Hier geht es darum, zu retten, was wir können, unsere Existenz zu erhalten und so viele Leben zu retten, wie wir können, weil es unsere Pflicht ist, diese Stadt zu beschützen. Niemand will hier heute sterben. Viele werden es müssen. Niemand wird gezwungen, durch dieses Tor zugehen, aber es gibt kaum eine andere Entscheidung. Weil das hier die einzige Chance ist, die wir bekommen. Also kämpft. Mögen die Götter uns beschützen.“
Koryphelia wusste zunächst nicht, ob man ihr zugehört hatte. Sie wusste nicht, ob das, was sie gesagt hatte, Sinn ergeben hatte oder ob es gar einen Effekt gehabt haben konnte. Einzig Satos besorgtes Lächeln und bekräftigendes Nicken gaben ihr ein wenig Sicherheit. Vielleicht sahen die Augen unter den Helmen in der ersten Reihe tatsächlich etwas motivierter aus? Doch dann wurden Schwerter gezogen und Schafte auf Schilde geschlagen. Ein Trommeln zum Takt des nahenden Todes. Sollte sie tatsächlich etwas bewirkt haben? „Noch besser, als ich es mir vorgestellt hatte, Prinzessin“, sagte der Leibwächter und begann, sie sacht wieder auf das Schloss zuzuschieben, aber sie stemmt die Füße in den Boden.
„Danke, aber wir können noch nicht gehen!“ Sie wehrte sich erfolgreich gegen sein Schieben.
„Prinzessin, Ihr könnt doch nicht wirklich bleiben wollen. Wollt ihr etwa kämpfen? Ohne jede Übung?“
„Nein. Das wäre wohl ziemlich nutzlos. Aber ich kann zur Akademie gehen und die Magier überzeugen, unsere Wunderwaffe zu sein. Wenn wir schon keine haben.“
Milina nickte, auch wenn Sato nicht überzeugt aussah. Seine Sorge war beruhigend und rührend, aber unverantwortlich. Sie konnte nicht von Soldaten erwarten zu sterben und selbst tatenlos auf das Ende warten. Es mochte das Schicksal des Adels sein, aber sie hatte schließlich gar keinen echten Titel. Die Zofe griff nach dem Arm der Prinzessin und versuchte ein Lächeln. „Dann versucht, nicht zu sterben.“ Satos Widerspruch ging unter, denn das Tor wurde geöffnet und die Kämpfer stürmten hinaus und die Prinzessin und ihre beiden Begleiter hätten kaum eine andere Wahl gehabt, als sich mitreißen zu lassen.
Die Flammen hatten die letzten Straßen noch nicht erreicht. Doch der Drache war erschreckend nah. Er schien systematisch die Straßen abzufliegen und wenn Koryphelia sich durch den ganzen Rauch hinweg nicht täuschte, war auf seinem Rücken sogar ein Reiter zu erkennen. Für einen furchtbaren Augenblick dachte sie an Ebos, aber sie versuchte, sich davon zu überzeugen, dass der Herr der Unterwelt nicht auf einem Drachen allein über die Stadt reiten würde. Hoffentlich. Dann geriet das gewaltige Flugtier jedoch ins Straucheln und Koryphelia sah einen zweiten Bolzen, der das Ungeheuer knapp verfehlte. Es drehte sogar ab, um sich aus der Reichweite der Schusswaffen zu bringen. Vielleicht waren die Geschütze nicht so unnütz, wie sie befürchtet hatten. Darauf verlassen wollte sie sich allerdings nicht.
Zu dritt schlugen sie sich durch die Straßen. Genauer: Sato schlug sie durch die Straßen. Er bahnte ihnen einen Weg durch panische Menschenmassen, führte sie um die Trümmer herum, die das Erdbeben verursacht haben musste, und rannte mit ihnen durch die Straßen. Das Feuer kam immer näher und bald glaubte Koryphelia, die Wärme zu spüren, obwohl sie vom Feuer selbst nur den roten Schimmer über den Dächern sah. Je näher sie der Akademie kamen, desto einfacher wurde das Laufen, weil sie nicht die einzigen waren, die sich ihren Weg hierher bahnten. Menschen mit angesengten Kleidern, bösen Wunden oder einfach schierer Panik stolperten auf den goldenen Käfig zu, um die verhassten Magier um Hilfe zu ersuchen. Wie bezeichnend, dass weit weniger Menschen die Flucht zum Palast versuchten. Der Qualm des Feuers drang Koryphelia in die Lunge und brachte sie zum Husten und das Gedränge macht es schwieriger, bei ihren beiden Begleitern zu bleiben. Warum hatte sie Milina mitkommen lassen? Sie war so froh über die Gesellschaft gewesen, dass sie nicht lange genug darüber nachgedacht hatte.
Sie sahen das Tor bereits in der Ferne vor sich, verschlossen. Der Gedanke, dass es nicht möglich sein würde, hineinzukommen, wurde von einem neuen ohrenbetäubenden Lärm überschattet. Instinktiv kauerte sich die Prinzessin an Ort und Stelle zusammen und war damit nicht allein. Die Hände auf die Ohren gepresst, fielen die Flüchtenden auf den Boden, als hätte das Geräusch selbst sie angegriffen. Dann rumpelte und krachte es zum zweiten Mal, der Lärm wurde unerträglich und Koryphelia fühlte ein grauenvoll vertrautes Gefühl von Dunkelheit, dass sich in Windeseile über die Stadt deckte wie ein überraschender Schauer. Furcht erfüllte sie, angstvolle Erinnerungen, während die Unterwelt freibrach. Sie musste in die Akademie. Nur die Magier konnten helfen.
Obwohl ihre Knie zitterten, der Boden bebte und sie inmitten kauernder Menschen war, stemmte Koryphelia sich auf die Beine, ließ sich nicht von Sato festhalten und strauchelte auf die Akademie zu, als wäre sie eine rettende Insel in den Weiten des Meeres. Immer näher kam das rettende Tor und dann ertönte ein zweites Knallen. Es klingelte den Ohren und als sei alles verlangsamt, brachen die Tore der Akademie in einem feurigen Schwall auseinander und warfen die verzweifelten Bittsteller von sich. Koryphelia spürte, wie sie in die Luft gehoben wurde, wie sie den Boden verlor und die Hitze auf der Haut spürte, während alles dunkel wurde und sie noch die Umrisse einer gebrechlichen, altersgekrümmten Gestalt sah, die durch die Verwüstung schritt.
Eigentlich wollte ich gar nichts sagen, weil ich nicht sicher bin, ob es überhaupt jemandem aufgefallen ist, aber: Sorry, dass letzte Woche kein Kapitel kam! Ich war zu beschäftigt mit der Bachelorarbeit (die jetzt fertig ist). Außerdem wollet Kory nicht mit mir reden, die kleine Diva. Jedenfalls ist es jetzt da und obowhl ich das beim Schreiben gehasst habe, finde ich es jetzt ganz schön. Did you like it? Habt ihr Bulling wiedererkannt? Ist er nicht nett XD. Wir haben ihn ja damals nicht persönlich getroffen, aber ja. Ich wollte ihn noch einbringen. Und habt ihr verstanden, was jetzt gerade am Ende passiert ist? Sagt mir was ihr denkt. ALLES XD